15.10.2015 - Das „Projekt-Bunny“
Es erreichte mich einmal in einem Beratungsprojekt (>50 Consultants) der Hilferuf: „Chef, wir sind hier nur Jungs im Projekt, wir brauchen ein Projektbunny, kannst Du da nichts machen?“ Dieser zugegeben extrem anti-feministische Appell soll uns jetzt als Einstieg zu einem wichtigen Thema dienen, nämlich der Verteilung der Geschlechter in den verschiedenen Projekten bzw. überhaupt der Verteilung der Geschlechter im IT-Beratungsgeschäft.
Nichts wäre einfacher und schöner gewesen, als dem Hilferuf bereitwillig nachkommen zu können, aber in der Realität ist das leider nicht so einfach zu realisieren, da die Möglichkeiten begrenzt sind – sprich der Anteil der weiblichen Consultants ist oft zu niedrig. Das IT-Beratungsgeschäft ist in höchstem Maße eine männerdominierte Domäne, dabei sind meiner Erfahrung nach einige weibliche Consultants erheblich besser als ihre männliche Konkurrenz. Gerade der Diven-Typ ist bei den weiblichen Consultants weniger vertreten, sondern eher stark abgeschwächt und geht mehr in Richtung Arbeitsbiene – zumindest im Umfeld der IT-Consultants. Nimmt man aber nun die Riege der Projektleiter(innen) mit hinzu, ändert sich dies schlagartig. Dort habe ich bisher höchst professionelle und ausgezeichnete weibliche Projektleiterinnen erlebt, die dem vermeintlich „starken“ Geschlecht gehörig zugesetzt haben und somit nicht nur einmal zum „schwachen“ Geschlecht degradiert haben.
Aber wieder zurück zum eigentlichen Thema. Geht in einem Falle ein größerer Männertrupp gemeinsam (vielleicht auch noch in Anzügen) abends zum Essen, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich um Unternehmensberater oder IT-Consultants handelt. Auf der anderen Seite ist mir aber in den vielen Projekten (> 100), die ich kommen und gehen sah, auch nur ein einziger Fall untergekommen, in dem es wirklich zu anzüglichen Situationen gekommen ist (und da waren englische Kollegen beteiligt). Im Gegenteil hierzu wird das weibliche Geschlecht eher umsorgt und umworben bzw. in allen größeren Firmen werden entsprechende Weiterbildungen zu ordentlichem Verhalten immer stärker vorgeschrieben.
Somit sollte man annehmen, dass sich weibliche Consultants im Geschäft der IT-Beratung eigentlich auch wohl fühlen müssten. Woran liegt aber der niedrige Anteil? Ist es das Nomaden-Dasein, die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Karriere? Ist es die uninteressante Materie der IT-Beratung?
Antworten kann ich leider keine allgemeingültigen geben. Ich weiß auch von keiner Untersuchung zur Ursache zu diesem Thema. Bleibt somit nur der Bereich der eigenen Erfahrung und Ergebnis empirischer Befragung. Bereits im Studium ist der Anteil geringer (wobei ich mich hierbei mit 3 ausgezeichneten Damen in nächster Umgebung während des Studiums nicht beschweren kann). Auch der Altersschnitt zeigt, dass alle Altersstufen vertreten sind. Ich glaube vielmehr an eine Kombination der oben angegebenen Möglichkeiten.
Fazit: Ich kann somit nur weitere Vertreter des weiblichen Geschlechts auffordern, diesen Beruf zu ergreifen. Er birgt immer wieder unschätzbare Erfahrungen mit verschiedensten Vertretern der Gattung Mensch. Außerdem werden weibliche Consultants immer stärker umsorgt, nachdem die diversen männlichen Diven im Team ihre anfänglichen Hahnenkämpfe endlich hinter sich gebracht haben. Ebenso bringen sie in der Regel viel mehr Struktur und Ordnung ins Team als männliche Kollegen.